Weltreise per Bahn und Handgepäck (3/9): Mit der Circumbaikal ans andere Ufer

Circumbaikal, Sljudjanka, Port Baikal, Dominik Sommerer, Dominiks Welt

Russland hat ja so seine Probleme mit dem anderen Ufer. Nach 13 Stunden Fahrt bin ich dort, genauer gesagt in Port Baikal, am Freitag Abend angekommen. Natürlich mit der Eisenbahn.

Aber alles der Reihe nach. Zu meinem Pflichtprogramm am Baikalsee gehörte die Bereisung der Circumbaikal-Strecke. Das ist ein ehemaliges Teilstück der transsibirischen Eisenbahn von Irkutsk über Port Baikal nach Sludjanka. Die Strecke führt sehr malerisch mit vielen Tunnels und Brücken von Bucht zu Bucht immer am Kliff des Baikalsees entlang. In den 1950er Jahren wurde zwischen Irkutsk und Sludjanka eine kürzere neue Strecke über den Berg eröffnet. Der alte Streckenabschnitt zwischen Irkutsk und Port Baikal versank in den Fluten der aufgestauten Angara, dem einzigen Ausfluss des Baikalsees. Der Abschnitt zwischen Port Baikal und Sludjanka existiert heute noch und wird von vier Regionalzügen pro Woche (!) und Richtung sowie vereinzelt von Touristenzügen befahren. Die Circumbaikal ist dabei die einzige Verkehrsanbindung zu den kleinen Dörfern am See.

Der Touristen-Zug fährt nur am Wochenende und war mir zu teuer. Zudem wollte ich das echte Russland erleben. Dafür war jedoch ein erheblicher Planungsaufwand nötig.

Obwohl der Bahnhof von Port Baikal lediglich drei Kilometer Luftlinie von Listwjanka entfernt am anderen Ufer des Angara-Ausflusses liegt war die Bereisung der Circumbaikal nur mit Hilfe einer 67 Kilometer langen Taxifahrt und einer Übernachtung in Port Baikal möglich. Die Fahrpläne von Bus, Fähre und Zug sind so optimal aufeinander abgestimmt dass man nie Anschluss hat. Um die Übernachtung am anderen Ufer in Port Baikal zu organisieren habe ich am Donnerstag extra eine Vorfahrt mit der Fähre von Listwjanka nach Port Baikal und zurück gemacht. Einfach hinzufahren war mir zu riskant da am Baikalsee die Saison vorbei ist und viele Hotels geschlossen haben. Aber warum habe ich nicht einfach dort angerufen oder eine E-Mail geschrieben? Damit komme ich auf einen Punkt zu sprechen auf den mich schon einige Leser von Dominiks Welt angeschrieben haben.

Wie verständigst du dich?
Englisch wird hier in Russland von wenigen Menschen gesprochen. Ich habe zwar das kyrillische Alphabet und ein paar Worte russisch gelernt doch ich kommuniziere überwiegend per Handzeichen oder mit vorgefertigten Multiple-Choice-Zetteln. Bisher habe ich mit diesen zwei Kommunikationsmethoden alles bekommen was ich haben wollte. Auch die Übernachtung im vorbildlich renovierten Bahnhofsgebäude von Port Baikal.

So bin ich am Freitag um 6:00 Uhr mit dem Taxi von meinem Hotel in Listwjanka nach Irkutsk gestartet und mit der „Elektritschka“, einem betagten Elektrotriebwagen mit Halt an allen Milchkannen, von Irkutsk nach Sludjanka gefahren. Schon dieser Streckenabschnitt ist sehr interessant und führt in vielen Serpentinien und mit einer starken Steigung über ein Gebirge. Ein entgegenkommender Güterzug war mit sage und schreibe sieben Lokomotiven bespannt: fünf vorne, zwei hinten.

In Sludjanka mal wieder ein Kulturschock: Statt des erwarteten rustikalen lokbespannten Zuges wartete ein Dieseltriebwagen zur Fahrt nach Port Baikal. So ein modernes Schienenfahrzeug hatte ich seit meiner Sichtung des Sapsan in Moskau nicht mehr gesehen. Russland ist ein Land voller Gegensätze. Einerseits riecht es auf allen Bahnhöfen nach Dampflok weil die Wagen teils mit Kohle beheizt werden. Andererseits trifft man auf Hochgeschwindigkeitszüge wie den Sapsan. Der Sapsan ist die russische Variante des von Siemens gebauten ICE 3 und funktioniert im Gegensatz zu seinem deutschen Pedant auch im Winter…

Mit zwanzig Sachen sind wir dann mit unserem futuristischen Gefährt von Sludjanka nach Port Baikal getuckert. Vorbei an Orten für deren Besuch der Deutsche Alpenverein „festes Schuhwerk und Trittsicherheit“ empfehlen würde, denn befestigte Straßen gibt’s dort keine und die Kühe laufen frei durchs Dorf. Nach der Übernachtung im Bahnhof von Port Baikal ging’s dann am Samstagvormittag mit der Fähre nach Listwjanka und mit dem Bus nach Irkutsk.

Wie geht’s weiter?
Morgen heißt es „Russia goodbye – ich fahre in die Mongolei.“ Furchtbar früh, um 5:12 Uhr Ortszeit, fährt mein Zug ab Irkutsk und kommt am Montag um 6:30 Uhr in Ulan Bator an, der Hauptstadt der Mongolei. Abends fahren will ich nicht weil ich einen der schönsten Abschnitte der transsibirischen Eisenbahn bei Tageslicht bereisen möchte. Die Strecke führt rund 180 Kilometer am Ufer des Baikalsees entlang.

Aufnahme auf der Circumbaikalstrecke zwischen Sljudjanka und Port Baikal.