Der Geldguru Bodo Schäfer behauptet in einem seiner Bücher dass jeder innerhalb von sieben Jahren Millionär werden kann. Das ist natürlich Blödsinn. Ich habe das in Ulan Bator schon nach zwei Tagen geschafft.
Die Zahl „680000“ am Geldautomaten einzutippen hat schon ein wenig Überwindung gekostet. Diese Summe fehlte mir noch zu meiner ersten Million, genauer 1023400 Tughrik, damit ich im Hostel mein Einzelzimmer, die Ausflüge und die Fahrkarte nach Peking bezahlen konnte. Einfach war es nicht. Vier Abhebungen an zwei verschiedenen Geldautomaten musste ich für diese Summe vornehmen und hatte schließlich einen derart dicken Geldbeutel dass es unmöglich war ihn zusammen zu falten.
Als ich auf dem Weg zurück zum Hostel die Straße überqueren will hält ein Autofahrer an und lässt mich hinüber. Ich will dem Fahrer einen Blick zuwerfen und mich bedanken, doch auf dem Fahrersitz sitzt kein Fahrer. Das Auto hat nicht einmal ein Lenkrad! Der zweite Blick erklärt das Mysterium: In der Mongolei herrscht zwar Rechtsverkehr doch wie schon in Sibirien fahren hier viele japanische Importfahrzeuge.
Bei der Eisenbahn stellt sich die Frage nach Rechts- oder Linksverkehr nicht: Die transmongolische Eisenbahn nach Peking ist eingleisig, nicht elektrifiziert und zweigt im russischen Ulan Ude von der transsibirischen Eisenbahn ab.
Schon bei der Abfahrt am Sonntag in Irkutsk war das Flair exotisch: der Schlafwagen mongolisch, der Samovar kohlegefeuert, die Provodnitsa mit Schlitzaugen und im Landschaftskino lief „steppenartige Hügellandschaft“ statt „endlose Birkenwälder“.
Am Montag um 6:30 Uhr wurde ich dann bei milden minus 8 Grad Celsius in der kältesten Hauptstadt der Welt vom Hostel am Bahnhof von Ulan Bator abgeholt. In der Mongolei herrscht ein extremes Kontinentalklima mit Temperaturen zwischen -49 Grad im Winter und +38 Grad Celsius im Sommer. Ich konnte im Hostel frühstücken, habe am Montag Ulan Bator zu Fuß erkundet und am Dienstag an einem Ausflug in den Tereli-Nationalpark teilgenommen. Was für ein Kontrast zu Russland. Die Menschen sind total anders: Offener, freundlicher und viele sprechen englisch. Ich fand es ja anfangs fast ein wenig langweilig.
Bis am Mittwoch das große Abenteuer begann. Eine Vier-Tages-Tour zusammen mit Gabi aus Baden-Württemberg und unserem Fahrer Njemo mit einem betagten russischen Allradfahrzeug durch die Mongolei. Ich habe ja das Schlimmste erwartet wie beispielsweise vergorene Stutenmilch, Schaffleisch und frostige Nächte im Ger. Und das Beste bekommen: Kulinarisch ist die Mongolei bislang der Höhepunkt der Reise. Die Verpflegung ist reichlich und an Touristen angepasst. Und ausgerechnet in Ulan Bator habe ich fünf Gehminuten vom Hostel entfernt ein ausgezeichnetes veganes Restaurant gefunden und zu meiner Stammkneipe erklärt. Die Nächte im Gäste-Ger bei mongolischen Familien habe ich bei knisternden Ofenfeuer wie ein Murmeltier geschlafen nachdem der Vollmond den ersehnten Sternenhimmel leider überbelichtet hat. Die Fahrten mit dem Allradfahrzeug zu einer Sanddüne, einem Wasserfall und dem ältesten buddhistischen Kloster der Mongolei waren lang und abenteuerlich: immer wieder kreuzten Viehherden die Straße mitten in den endlosen Weiten der fast baumlosen Mongolei. Der Zustand der Straßen wechselte zwischen geteert mit tiefen Schlaglöchern und naturbelassenen „Erdstraßen“ bei denen Flüsse durch Furten zu durchqueren waren. Ein kurzes Stück gehörten auch Pferd und Kamel zu unseren Beförderungsmitteln. Soeben bin ich unfall- und pannenfrei wieder in Ulan Bator eingetroffen.
Wie geht’s weiter?
Morgen reise ich mit der transmongolischen Eisenbahn durch die Gobiwüste nach Peking wo ich am Montagnachmittag ankomme. Drei Nächte will ich dort bleiben, dann weiter nach Shanghai fahren und mit der Fähre nach Kobe in Japan übersetzen.
Ach ja:
Meine Ausreise aus Russland ist völlig problemlos verlaufen. Ich war sehr erleichtert als der russische Ausreisestempel in meinem Reisepass war.
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Das Bild zeigt mich mit meiner ersten Million in Ulan Bator.